Wie Till Eulenspiegel die Kutsche schmierte
Ein dicker Gastwirt machte den Fehler, den eigenwilligen Till Eulenspiegel als Koch einzustellen. Seinen Fehler hatte der gute Wirt allerdings sehr bald eingesehen und beförderte ihn noch am selben Abend zum Kutscher mit den Worten: „Till, du bist jetzt nicht mehr Koch, sondern Kutscher. Schmiere also diese Nacht den Wagen, denn der Herr Pfarrer und ich wollen morgen früh ausfahren."
Eine Kutschenfahrt ist wegen den holprigen Wegen gar keine bequeme Fahrt, wie manch einer denken würde. Till Eulenspiegel sollte den Wagen schmieren, damit wenigstens die Radnaben und Wagenräder einwandfrei und glatt rollten.
Der Gastwirt wollte auch das nervige Quietschen der Wagenfedern vermeiden. Doch der Herr ahnte nicht, was ihn am nächsten Morgen erwarten würde. Während nachts alle schliefen, machte sich der Narr auf die Arbeit. Wie man das von Till Eulenspiegel so kennt, nahm er den Befehl seines Herren wörtlich und schmierte die ganze Kutsche mit Wagenfett ein. Er verteilte das Wagenfett nicht nur auf den äußeren Teil der Kutsche, sondern schmierte die Kutsche auch von innen ein.
Besonders gründlich schmierte er auch die Sitze in der Kutsche. Als sich am nächsten Morgen der Gastwirt und der Pfarrer auf den Weg machen wollten, ließ der Herr seinen Kutscher antanzen. Er soll die Pferde vor die Kutsche spannen, was Till Eulenspiegel sofort erledigte und sich anschließend auf den Kutschbock setzte. Der dicke Gastwirt und der Pfarrer stiegen nun in die Kutsche und bemerkten sofort, dass die ganzen Sitze mit Fett eingeschmiert waren.
Noch bevor die Reise losgehen konnte, schrie der Pfarrer auf und verlangte sofort eine Erklärung, warum denn in der Kutsche alles so fettig wäre. Die gleiche Frage stellte der Herr seinem Kutscher und erhielt die Antwort: „Oh, ich habe mir viel Mühe gegeben, habe den Wagen vollkommen geschmiert, wie Ihr es mich geheißen habt". Da verlor der Gastwirt endgültig die Geduld mit seinem Kutscher und bezeichnete ihn als einen Schalken, Schelmen, Narren und Schlingel.
„Ich werde mit dem Pfarrer verreisen, sobald wir gebadet und saubere Kleidung angezogen haben“, erklärte der Wirt. In der Zwischenzeit solle Eulenspiegel sofort sein Haus räumen. Auch diesen Befehl nahm Till Eulenspiegel wörtlich und räumte Tische und Stühle und Schränke und Truhen und Betten aus dem Haus des Wirts auf die Straße. Nach dem Bad war der Gastwirt wie neu, doch die Zuversicht sollte ihm schnell genommen werden.
Im Hausflur traf er auf Till, der ihn auch noch aufforderte, ihm beim Schleppen vom ziemlich schweren Speiseschrank zu helfen. Die Arbeit, die ihm sein Herr aufgetragen hatte, sei nämlich hart. Doch er wolle alles nach den Worten seines Herrn erledigen. Als sich der Hausherr nach dem Schock irgendwie zusammenriss, brüllte er mehrmals so laut er konnte: „Hau ab!"
Darauf griff der Narr nach einem Beil und war kurz davor einige Teile vom Speiseschrank abzuhauen, so wie es sein Herr befohlen hätte. Er gab seinem Herrn sogar recht, denn so wäre der Schrank leichter und ließe sich dementsprechend einfacher tragen. Der Wirt war nun am Ende seiner Weisheit und stöhnte nur noch, der Narr solle ihn doch bitte verlassen. Er werde ihm auch drei Gulden als Lohn geben. Ein paar feine, dunkle Anziehsachen soll er auch bekommen.
Till Eulenspiegel gab sich aber mit den Gulden zufrieden und überließ seinem Herrn die Trauerkleider. Dies war der erste Verdienst des jungen Narren.
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